Etwa jeder fünfte Antrag auf Pflegegrad wird zurückgewiesen, während viele andere Anträge zu einem Pflegegrad führen, der von den Betroffenen als zu niedrig empfunden wird. Dies stellt eine erhebliche Belastung für die Antragsteller und ihre Angehörigen dar, da dadurch ihre Ansprüche entweder stark reduziert oder gar nicht anerkannt werden.
Dennoch besteht die Möglichkeit, gegen den Bescheid der Pflegekasse Einspruch zu erheben. Es ist von großer Bedeutung, dass Sie rasch reagieren und die Frist von einem Monat nach Erhalt des Bescheids einhalten. Seniorenpflegeplus bietet Ihnen Informationen zum Ablauf und stellt Ihnen einen Musterbrief für den Einspruch gegen den Pflegegrad zur Verfügung.
Die Bewilligungsquote liegt somit bei ca. 80 Prozent.
Rechtliche Grundlage: Sozialgerichtsgesetz (SGG) §84 (2 )
Etwa ein bis zwei Wochen nach der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MDK) oder Medicproof erhalten Sie den Bescheid von Ihrer Pflegekasse. Dieser orientiert sich in der Regel am Ergebnis der Begutachtung und weist Ihnen einen bestimmten Pflegegrad zu oder lehnt die Feststellung der Pflegebedürftigkeit ab.
Wenn Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Hierfür haben Sie ab dem Datum der Zustellung des Bescheids einen Monat Zeit, daher ist schnelles Handeln erforderlich.
Ein erfolgreicher Widerspruch erfordert eine fundierte Begründung. Um Ihren Einspruch zu stützen, ist es wichtig, das erstellte Pflegegutachten zu kennen. Falls Ihnen das Gutachten nicht bereits zusammen mit dem Bescheid vorliegt, sollten Sie es umgehend anfordern. Investieren Sie ruhig Zeit und Mühe in eine ausführliche Begründung, denn sie beeinflusst maßgeblich den Ausgang Ihres Widerspruchs.
Gründe für einen Pflegegrad Widerspruch
Welche Gründe legitimieren einen Widerspruch? Durch Ihren Widerspruch geben Sie an, dass die tatsächliche Pflegesituation entweder einen höheren Pflegegrad rechtfertigt oder dass die Ablehnung eines Pflegegrades unbegründet ist.
Es gibt verschiedene Gründe, die zu einer fehlerhaften Einschätzung führen können:
Wie Sie Ihre Begründung schriftlich formulieren sollten, wird im Abschnitt zur Begründung des Pflegegrad-Widerspruchs erläutert.
Neben inhaltlichen Gründen gibt es auch formale Gründe, die einen Widerspruch rechtfertigen. Diese führen dazu, dass der Bescheid von der Pflegekasse ungültig wird und Sie einen Widerspruch ohne weitere Begründung einreichen können.
Folgende formale Gründe legitimieren einen sofortigen Widerspruch:
Formale Fehler sind jedoch eher selten. Ein Widerspruch aufgrund solcher Fehler führt oft nur dazu, dass Sie kurz darauf einen gültigen Bescheid mit dem gleichen Inhalt erhalten. Wenn Sie das Ergebnis der Begutachtung ändern möchten, müssen Sie Ihren Widerspruch inhaltlich begründen.
Schritt 1: Einreichung des Widerspruchs innerhalb der Frist
Die Frist für die Einreichung des Widerspruchs beträgt einen Monat ab dem Tag der Zustellung. Zur Sicherheit können Sie auch das Datum des Poststempels auf dem Schreiben der Pflegekasse verwenden. Bewahren Sie das Schreiben unbedingt auf. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist gilt der Bescheid als “bestandskräftig”. Das bedeutet, dass der Pflegegrad erst durch einen neuen Antrag und eine erneute Begutachtung geändert werden kann, und dies ist erst nach mindestens sechs Monaten möglich.
Es gibt eine Ausnahme: Wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person nach Ablauf der Widerspruchsfrist erheblich verschlechtert, zum Beispiel durch einen Schlaganfall, müssen Sie nicht sechs Monate warten. Sie können sofort einen neuen Antrag stellen und auf die gesundheitliche Veränderung hinweisen.
Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig einen schriftlichen Widerspruch an die Pflegekasse zu senden. Es ist nicht erforderlich, eine detaillierte Begründung anzugeben. Sie werden als Antwort auf das Widerspruchsschreiben einen Brief von der Pflegekasse erhalten, der das weitere Vorgehen erläutert.
Schritt 2: Begründung des Widerspruchs gegen den Pflegegrad
Die inhaltliche Begründung bildet das Herzstück Ihres Widerspruchs. Eine sinnvolle Begründung, warum Ihnen ein höherer Pflegegrad oder überhaupt ein Pflegegrad zusteht, erhöht die Erfolgsaussichten Ihres Widerspruchs.Dabei spielen drei Faktoren eine zentrale Rolle:
A. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD) oder von Medicproof
B. Mögliche Unterstützung von Ärzten, Pflegefachkräften und Pflegeberatern
C. Dokumente, die einen höheren Pflegebedarf belegen
Gutachten eingehend prüfen
Der Bescheid der Pflegekasse basiert in der Regel auf dem Gutachten des Medizinischen Dienstes oder von Medicproof. Dieses Gutachten dokumentiert die Selbstständigkeit der betreffenden Person sowie die Situationen, in denen sie Hilfe benötigt.
Das Gutachten zum Pflegebedarf umfasst Kriterien aus sechs Bereichen wie Mobilität, Verhaltensweise und Selbstversorgung. In jedem Bereich werden Punkte für den Bedarf an Unterstützung im Alltag vergeben. Anhand der Gesamtpunktzahl wird der Pflegegrad festgelegt.
Pflegegrade gemäß Punkten im Gutachten zum Pflegebedarf:
Für die Begründung des Widerspruchs ist es wichtig, das Gutachten eingehend zu prüfen. Wo weicht das Gutachten von der tatsächlichen Pflegesituation ab? Welche Aspekte wurden im Gutachten nicht angemessen berücksichtigt?
Um zu ermitteln, ob die gewünschten Änderungen im Gutachten zu einem anderen Pflegegrad führen, können Sie den ausführlichen Ratgeber Pflegegrade zurate ziehen oder den kostenlosen Pflegegradrechner nutzen.
A. Gutachten eingehend prüfen
Der Bescheid der Pflegekasse basiert in der Regel auf dem Gutachten des Medizinischen Dienstes oder von Medicproof. Dieses Gutachten dokumentiert die Selbstständigkeit der betreffenden Person sowie die Situationen, in denen sie Hilfe benötigt.
Das Gutachten zum Pflegebedarf umfasst Kriterien aus sechs Bereichen wie Mobilität, Verhaltensweise und Selbstversorgung. In jedem Bereich werden Punkte für den Bedarf an Unterstützung im Alltag vergeben. Anhand der Gesamtpunktzahl wird der Pflegegrad festgelegt.
Pflegegrade gemäß Punkten im Gutachten zum Pflegebedarf:
Für die Begründung des Widerspruchs ist es wichtig, das Gutachten eingehend zu prüfen. Wo weicht das Gutachten von der tatsächlichen Pflegesituation ab? Welche Aspekte wurden im Gutachten nicht angemessen berücksichtigt?
Um zu ermitteln, ob die gewünschten Änderungen im Gutachten zu einem anderen Pflegegrad führen, können Sie den ausführlichen Ratgeber Pflegegrade zurate ziehen oder den kostenlosen Pflegegradrechner nutzen.
Für die Begründung Ihres Widerspruchs ist es entscheidend, das Gutachten eingehend zu überprüfen. Identifizieren Sie, wo das Gutachten von der tatsächlichen Pflegesituation abweicht und welche Aspekte darin nicht angemessen berücksichtigt wurden.
Um festzustellen, ob die gewünschten Änderungen im Gutachten zu einem anderen Pflegegrad führen würden, können Sie auf den umfassenden Ratgeber Pflegegrade zurückgreifen.
B. Professionelle Unterstützung von Ärzten, Pflegekräften und Pflegeberatern in Anspruch nehmen
Die Interpretation eines Pflegegrad-Gutachtens ist keine einfache Aufgabe. Insbesondere für Laien kann es schwierig sein, festzustellen, wo das Gutachten korrekt ist und wo der Pflegebedarf möglicherweise zu niedrig eingeschätzt wurde. Es empfiehlt sich daher, Dritte hinzuzuziehen, die über entsprechende Erfahrung verfügen.
Wenn möglich, sollten Sie auf die Hilfe von Fachkräften zurückgreifen, insbesondere wenn Sie bereits einen ambulanten Pflegedienst nutzen. Diese professionellen Pflegekräfte sind bereits mit der betreffenden Person vertraut und können die einzelnen Punkte im Gutachten in der Regel gut einschätzen.
Darüber hinaus ist die Pflegeberatung nach § 37.3 eine wertvolle Anlaufstelle für Unterstützung bei einem Widerspruch. Pflegeberater sind mit dem Widerspruchsverfahren vertraut und können Sie kompetent durch den Prozess begleiten.
Ein Gegengutachten von einem unabhängigen Pflegegutachter ist besonders aussagekräftig. Allerdings müssen Sie die Kosten für das Gegengutachten selbst tragen. Trotzdem ist es in der Regel unumgänglich, dass Ihnen ein Wiederholungsgutachten durch einen offiziellen Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) oder von Medicproof bevorsteht.
Ein Gegengutachten ist vor allem dann erforderlich, wenn der Pflegegrad-Bescheid erheblich von der tatsächlichen Pflegesituation abweicht oder wenn Sie vorhaben, Klage beim Sozialgericht einzureichen.
C. Bereitstellung hilfreicher Dokumente
Alle relevanten medizinischen Unterlagen wie Arztbriefe, Atteste, Krankenhausberichte oder Medikamentenpläne sollten idealerweise bereits bei der ersten Begutachtung vollständig vorliegen und im Gutachten berücksichtigt werden.
Falls dies nicht der Fall war oder Sie der Meinung sind, dass die Dokumente nicht angemessen bewertet wurden, können Sie diese nutzen, um Ihren Widerspruch gegen den Pflegegrad zu begründen. Zum Beispiel könnte das Gutachten die Mobilität als sehr gut bewerten, obwohl ein ärztliches Attest eine schwere Arthritis bestätigt.
Neben den medizinischen Unterlagen sind auch persönliche Aufzeichnungen zum Pflegebedarf von großer Bedeutung. Falls Sie vor der Erstbegutachtung keine solchen Notizen angefertigt haben, sollten Sie jetzt unbedingt damit beginnen.
Normalerweise dauert es nur wenige Tage oder Wochen, bis Sie eine Antwort auf Ihren Widerspruch erhalten. Die Pflegekasse hat jedoch theoretisch bis zu drei Monate Zeit, um darauf zu reagieren. Wenn die Pflegekasse feststellt, dass von Anfang an ein höherer Pflegegrad gerechtfertigt gewesen wäre, werden Ihnen die höheren Pflegeleistungen rückwirkend gewährt. Allerdings gilt dies nicht, wenn die Pflegesituation sich in der Zwischenzeit verändert hat.
Sollte die zulässige Bearbeitungsfrist von drei Monaten überschritten werden, haben Sie die Möglichkeit, eine sogenannte Untätigkeitsklage (5) einzureichen. Dieser Schritt ist jedoch nur als letztes Mittel in absoluten Ausnahmefällen erforderlich.
Rechtliche Grundlage: Sozialgerichtsgesetz (SGG) §88 (4)
Nach einem erfolgreichen Widerspruch wird oft eine Wiederholungsbegutachtung des Pflegegrades angesetzt. Wie beim ersten Mal, wird ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) oder von Medicproof einen Termin mit Ihnen vereinbaren.
Die Wiederholungsbegutachtung verläuft ähnlich wie die erste Pflegebegutachtung. Dabei werden nicht nur die im Widerspruch genannten Punkte neu untersucht, sondern die gesamte Pflegesituation. Das bedeutet, das Wiederholungsgutachten steht unabhängig vom Erstgutachten.
Es kann jedoch vorkommen, dass der Gutachter besonderen Klärungsbedarf zu den Punkten hat, bei denen Sie dem Erstgutachten widersprochen haben. Dies hängt von der individuellen Situation ab.
Erwarten Sie jedoch nicht, dass der Gutachter Ihnen direkt nach dem Termin mitteilt, wie das neue Gutachten ausfallen wird. Die Ergebnisse erfahren Sie in der Regel erst im neuen Bescheid der Pflegekasse.
Tipps für die Vorbereitung auf die Wiederholungsbegutachtung: Alle Personen, die für die Pflege relevant sind, sollten am Termin teilnehmen. Planen Sie ausreichend Zeit für den Termin ein. Schildern Sie die Pflegesituation offen und ehrlich. Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Dokumente zur Verfügung stehen.
Pflegegrad Widerspruch beim Sozialgericht
Wenn Ihr Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse keinen Erfolg hat, bleibt Ihnen noch die Option, eine Klage beim Sozialgericht einzureichen. Die Klage selbst ist vor dem Sozialgericht kostenfrei für Sie.
Es gibt verschiedene Situationen, in denen Sie eine Klage beim Sozialgericht einreichen können:
Obwohl beim Sozialgericht keine Gerichtskosten für Sie anfallen, sollten Sie dennoch die Kosten für einen Rechtsanwalt und einen Pflegesachverständigen berücksichtigen. Die Kosten für den Anwalt müssen Sie nur tragen, wenn Sie den Rechtsstreit verlieren.
Eine Klage ist generell aufwändiger als ein Widerspruch und dauert in der Regel länger. Daher sollten Sie diesen Schritt nur in Betracht ziehen, wenn er wirklich notwendig ist und Sie gute Chancen auf Erfolg haben. Am besten kann dies ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt beurteilen, der sich mit Ihrem Fall intensiv auseinandersetzt.
Angaben zu den Links auf dieser Seite:
1Bundesministerium für Gesundheit, letzter Aufruf 27.04.2024 – https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/pflegeversicherung-zahlen-und-fakten
2Bundesministerium für Gesundheit, letzter Aufruf 27.04.2024 – https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/pflegeversicherung-zahlen-und-fakten
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